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o data – no market. Ein kurzer Satz aus Brüssel, der so manchem Betreiber aus der Prozesstechnik wohl mittlerweile schon das eine oder andere graue Haar hat wachsen lassen. Es geht um die REACH-Verordnung der EU, die fordert, dass jeder, der einen Stoff ab einer Menge von 1 t/a herstellt oder importiert, diesen zuvor registrieren muss. Dabei gilt auch: Je höher die Vermarktungsmenge, desto mehr Daten muss ein Unternehmen einreichen. Das schlägt sich auch auf die Kosten der dafür nötigen toxikologischen Prüfungen nieder. Belaufen sich diese bei Mengen bis 1 t/a noch auf geschätzte 13.000 €, können Unternehmen bei Mengen von 1.000 und mehr Jahrestonnen schon über 900.000 € zahlen müssen. Die teure Registrierung stellt für die Unternehmen allerdings keine moderne Form des Ablasshandels dar, sondern ist nur der erste Schritt. Was folgt, ist die Bewertung des eingereichten Dossiers durch die ECHA oder eine entsprechende nationale Behörde. Gefährliche Stoffe sollten, so der Wunsch der EU, nach Möglichkeit substituiert werden. Wo das nicht möglich ist, müssen Betreiber nachweisen, dass sie sicher mit hochwirksamen Stoffen arbeiten können. Dass davon nicht nur ein paar wenige Unternehmen betroffen sind, lässt dabei der Blick in die Statistik erkennen: Über 50 % aller NCEs (New Chemical Entities, neue eigenständige Substanzen) sind als potent einzustufen (OEL < 10 μg/m3). Das Zauberwort, das Betreibern trotz dieser Entwicklung eine reibungslose Produktion ermöglichen soll, lautet: Containment.Gefragt ist Prozessverständnis
„Bei Containment geht es darum, den Bediener vor dem Produkt zu schützen – und das Produkt vor dem Bediener“, fasst Thomas Weingartner, Geschäftsführer von Lugaia Deutschland, die Quintessenz des Themas zusammen. Generell ist Containment (zumindest im Pharmabereich) nichts Neues, sondern ein langlebiger Trend. Trotzdem ist das Wissen um dieses Gebiet nach wie vor recht heterogen verteilt, weiß Richard Denk, Head of Sales Containment beim Reinraumtechnik-Spezialisten Skan und Gründer der Expertengruppe Containment in der ISPE, der International Society for Pharmaceutical Engineering: „Wir haben 2004 angefangen, über Schulungen und Seminare das Thema Containment in Deutschland, der Schweiz und Österreich vorzustellen. Seitdem sind 13 Jahre vergangen, und mein Gefühl ist weiterhin, dass wir nur die Spitze des Eisbergs mit dem Thema erreicht haben – es herrscht nach wie vor viel Unsicherheit. Dass die Kompetenz der Unternehmen in diesem Bereich recht unterschiedlich verteilt ist, liegt sicherlich daran, dass die Anzahl der neuen Produkte, die als hochgefährlich eingestuft werden, schneller wächst als die Zahl der Ingenieure und Betreiber, die sich mit dem Thema befassen. Dieses über Jahre aufgebaute Defizit merkt man auch an Konferenzen und Schulungen, die mittlerweile wieder sehr stark besucht werden.“ Die über die Jahre gestiegene Anzahl hochaktiver Stoffe führt dazu, dass mittlerweile in vielen Bereichen ein OEB-Level von 5 schlicht als Standard gilt. Das Kürzel OEB steht für „Occupational Exposure Band“ und beschreibt die Toxizität eines Stoffes. OEB 5 bedeutet eine Belastung von weniger als 1 μg/m3. Würde man dies auf die Größe des Empire State Buildings in New York hochrechnen, so dürfte sich im gesamten Gebäude nicht mehr als der zwanzigste Teil eines Teelöffels des Wirkstoffs befinden. Um dies zu erreichen, gibt es natürlich nicht „die eine Lösung“, sondern eine Vielzahl unterschiedlicher Ansätze. Darum benötigt Containment, so Claude Lefebvre, Director of Business Development beim Mühlenhersteller Frewitt, vor allem eines: hohes Prozessverständnis.
Mensch und Produkt schützen
Die Schwierigkeit beginnt im Grunde bereits bei den Bezeichnungen beziehungsweise Definitionen: Hat sich auch in großen Teilen die OEB-Klassifizierung durchgesetzt, so arbeiten manche Pharma-Unternehmen doch mit eigenen Standards, deren Anforderungen teils über denen liegen, die eine OEB-5-Lösung erfüllt. Um nur ein Beispiel zu nennen: Bei Roche trägt das Äquivalent zu OEB 5 den Namen 3B. Genau diese Unternehmen sind es auch, die als Markttreiber für Containment-Lösungen gelten: „In den vergangenen Jahren wanderte die Pharma-Massenproduktion von Europa nach Asien. Hierdurch entstand in den Industrieländern der Zwang, sich mehr in Richtung der hochpreisigen Produkte zu entwickeln, bspw. die Onkologie“, erklärt Iris Barnstedt, Geschäftsführerin des Prozesssystem-Spezialisten Brinox Deutschland. Durch die Arbeit mit diesen hochpotenten Produkten ging auch der Zwang einher, einen höheren Arbeitsschutz zu realisieren. Schnell stellte sich heraus, dass das Arbeiten in Ganzkörper-Schutzanzügen eine in der Umsetzung zwar simple, aber dennoch unwirtschaftliche Lösung darstellt. Denn Menschen dürfen unter solchen Bedingungen nur vergleichsweise kurz am Stück arbeiten – was in der Folge die Produktionskosten in die Höhe treibt. Weiterhin schützen solche Anzüge zwar die Menschen, was immer eine hohe Priorität hat, nicht aber das Produkt. Und gerade im Pharma-Bereich können bereits wenige Gramm Wirkstoff einen monetären Gegenwert im drei-, manchmal sogar vierstelligen Euro- Bereich haben. Dass am Anfang der Suche nach der optimalen Containment- Lösung immer ein umfassendes Prozessverständnis stehen muss, betont auch David Johnson, Experte für Containment beim Pharma-Anlagenbauer GEA: „Ein Schlüsselpunkt ist, dass es beim erforderlichen Level an Ausrüstung und Containment-Performance nicht einfach nur darum geht, die Expositionsgrenze (Occupational Exposure Limit, OEL) des Produkts zu messen. Dies ist ein weitverbreiteter Irrglaube, der dazu führt, dass innerhalb der Branche eine Tendenz zur Überspezifizierung herrscht. Wählt man eine allzu komplizierte Lösung, bedeutet dies, dass das System schwieriger zu bedienen, zu reinigen sowie zu warten und natürlich auch teurer in der Anschaffung ist. Es kann problematisch sein, nachzuweisen, dass eine bestimmte Lösung ‚gut genug‘ ist, aber es ist nicht unmöglich. Wer den Sinn von Containment begreift und das Produkt, die Bedienperson und die Ausrüstung näher betrachtet, kann ausgereiftere und wertvollere Lösungen entwickeln.“
„Made in Germany“ gefragt
Wenn auch REACH nun Betreiber aus der Chemie nötigt, sich intensiv mit dem Thema Arbeitsschutz zu befassen: Markttreiber Nummer 1 für Containment- Lösungen ist und bleibt laut Fred Lonzer, Vertriebsleiter beim Verpackungs- und Handlingspezialisten Müller Group, die Pharma-Industrie. Denn hier herrscht aktuell der Trend weg von der Massenproduktion, hin zu kleineren Batches mit höherer Flexibilität. Und natürlich höchstmöglicher Sicherheit. „Wir arbeiten in diesem Bereich eng mit einem Isolatoren-Hersteller zusammen, mit dem wir Packaging Units mit zwei Schnittstellen realisieren. Denn je weniger es solche in einer Anlage gibt, umso sicherer ist auch der Prozess“, erklärt Lonzer. Und auch für Fritz Martin Scholz, Produktmanager der Bosch-Packaging-Technology-Tochter Hüttlin, war es in den vergangenen Jahren vor allem die Pharmazie, die z. B. mit Onkologie-Präparaten das Thema Containment vorangebracht hat. „Für ein Unternehmen, das in Wachstumsregionen produziert, spielen Wirkstoff und Absatzmarkt eine wichtige Rolle bei der Entscheidung, ob mit lokalem oder europäischem Equipment produziert wird.“ Hier sieht Scholz die Qualität der Prozesstechnik „made in Germany“ ganz vorn. Denn „State-of-the-art-Anlagen bringen wichtige Voraussetzungen für Containment mit. So können bspw.mögliche Störungen im Produktfluss rechtzeitig erkannt und durch Gegenmaßnahmen ohne manuellen Eingriff beseitigt werden“, so Scholz. Nicht selten steckt bei solchen Anlagen der Teufel in Details, die Betreiber gerne unterschätzen und sich dann mit unerwarteten Fragen konfrontiert sehen. Beispielsweise: Wo läuft nach dem Reinigen das Waschwasser ab? Und natürlich die Gretchenfrage schlechthin: Arbeite ich in Edelstahl oder mit Single-Use-Applikationen? Während Unternehmen wie Hecht bspw. Isolatorsysteme anbieten, deren Folien der Anwender nach dem Gebrauch entsorgt, statt zu reinigen, setzen nicht alle Hersteller auf die „Wegwerf-Technologie“: „Wir konzentrieren uns aktuell noch auf Systeme aus Edelstahl. Allerdings beobachten wir natürlich den Markt und werden uns je nach Bedarf künftig auch in Richtung Single Use entwickeln“, erläutert Lonzer den Status quo des Lösungsanbieters Müller.
Dicht alleine reicht nicht
Betreiber, die ihre Komponenten wiederverwenden möchten, müssen diese zuverlässig reinigen. Auch hier stehen dann wieder zwei Möglichkeiten bzw. Philosophien bereit: alles ausbauen und säubern oder inline reinigbare Systeme realisieren – das händische Reinigen also oder aber der Einsatz eines CIP/ SIP-Systems. Die Vorteile des Letzteren liegen auf der Hand, erklärt Andreas Bürckert, Gruppenleiter in der Konstruktion beim Verpackungsmaschinen- Hersteller Bausch+Ströbel: „Bei CIP/SIP profitieren Betreiber von validierbaren Prozessen, da der Vorgang maschinengesteuert ist. Das heißt, es gibt eine gleichbleibende Reinigungsqualität sowie einen definierten Zeitablauf.“ Außerdem bedeuten weniger Eingriffe seitens des Personals, das die Komponenten für eine händische Reinigung demontieren müsste, auch weniger Gefahrenquellen durch weitere Kontaminationen und einen geringeren Zeitaufwand. Generell stellt Bürckert den Trend fest, dass Betreiber aus Effizienzgründen immer häufiger zum Parallelbetrieb übergehen würden. Das heißt, auf einem System läuft das CIP/SIP-Programm, während das andere produziert – hierdurch verkürzt sich die Rüstzeit. Entscheidet sich ein Betreiber für den Einsatz einer automatischen Reinigung, heißt das allerdings auch nicht sofort, dass er diese Technologie auf seiner kompletten Produktionslinie verwenden muss: „Einsatzgebiete für CIP/SIP sind auch Hybridsysteme, bei denen ein Teil gereinigt wird und ein Teil auf Single-Use-Technologie basiert.“
Validierung der Installation
So hochwertig die realisierte Containment-Lösung auch sein mag, keine technische Lösung ist 100 % dicht. Ob die vorgegebenen Grenzwerte eingehalten werden, muss vor der Inbetriebnahme der Anlage durch geeignete Messungen überprüft werden. Der ISPE Good Practice Guide „Assessing the Particulate Containment Performance of Pharmaceutical Equipment“ beschreibt, wie Anwender Luftkonzentration und Oberflächenkontamination messen und mit dem Grenzwert vergleichen können. Denn auch bei der vermeintlich besten Containment-Lösung gilt die Weisheit: Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser.
Ausblick
Nicht oft genug zu betonen ist, dass Containment vor allem eine Frage der Schnittstellen ist bzw. deren Vermeidung. Denn überall dort, wo das Containment gebrochen wird, um das Produkt vom einen in den nächsten Prozessschritt zu überführen, entsteht Gefahr für das Personal wie auch das Endprodukt. Ein Fakt, über den sich natürlich auch die ISPE Gedanken macht und beispielsweise im Zuge der Initiative „Pharma 2025“ Vorschläge für künftige Entwicklungen formuliert: „Wichtiges Thema ist die Integration von Containment in die Prozesse und nicht adaptiert an den Prozess. Denn aktuell ist es noch häufig so, dass die Prozesssysteme nicht selbstentleerend arbeiten und darum geöffnet werden müssen – was das Containment bricht. Hier sind neue, innovative Lösungen gefragt“, fasst Richard Denk zusammen. Spannend ist demnach auch die Frage, welche Rolle der Mensch künftig in der Produktionsumgebung hochaktiver Stoffe spielen wird: „Die Grenzwerte gehen immer näher an das momentane Limit von 1 ng/m3. Aktuelle Krebsbehandlungen mit extrem hochaktiven Stoffen zur gezielten Behandlung kommen immer näher an den einstelligen Nanogramm- Bereich heran. Zwei neue Produkte, die gerade in den USA entwickelt werden, fordern bereits einen Wert von 0,1 ng/m3. Gleichzeitig werden die Messmethoden immer besser, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis es möglich ist, solche niedrigen Grenzwerte bestimmen zu können. Geeignete Containment-Systeme zu finden, wird hier wahrscheinlich die gleiche Herausforderung stellen. Bedienerlose, mit Roboter gesteuerte Prozesse könnten hier eine Option sein.“
Kontakt
Dr. Kathrin Rübberdt
Dechema Ausstellungs-GmbH, Frankfurt/Main
Tel.: +49 69 75 64 2 77
ruebberdt@dechema.de
www.dechema.de
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